Seit Juni 2020 besaß ich meine Aprilia RSV 1000 Tuono R, für mich ein mit starken Emotionen verbundenes Motorrad. Ich bin nun wirklich schon viele Motorräder gefahren, die V2 von Aprilia ist eine der schönsten darunter. Ein absolut unbeschreiblicher Drehmoment, super schöne Sitzposition und ein absolut unfassbarer Sound. Heute wurde dann das Kapitel der Aprilia geschlossen und ich habe Sie, wenn auch gefühlt viel zu früh, in neue Hände übergeben.
Weniger Fahrzeit = weniger Sicherheit
Früher bin ich wirklich viel Motorrad gefahren. Fast jedes Wochenende war ich auf irgend einer Rennstrecke unterwegs und habe meine Kilometer abgespult. Ich hatte eine riesige Fahrpraxis und fühlte mich absolut sicher auf meinem Fahrzeug. Rutschen gehörte dazu, egal ob im Trockenen oder im Regen.
Heute sieht das etwas anders aus. Ich bin verheiratet und habe ein Tochter. Der Focus hat sich verändert, wo ich früher Motorrad gefahren bin steht nun Familienzeit auf Prio 1. Mit Sicherheit waren die letzten Jahre extrem, immerhin bin ich nur knapp 5.000 Kilometer gefahren.
Nun ist das noch kein Grund ein Motorrad zu verkaufen (zumindest für mich nicht). Was jedoch ein Grund ist, ist wenn ich mich selbst auf dem Motorrad nicht mehr wirklich sicher fühle …
Ausflug mit meinem Bruder verändert alles
Vor ca. 2 Jahren habe ich einen Wochenendausflug mit meinem Bruder unternommen. Er auf seiner V-Strom, ich auf der Aprilia RSV 1000 Tuono R. Der Plan war toll, 3 Tage nur auf dem Motorrad und ordentlich Kilometer abspulen. Die Unterkünfte waren gebucht und die Motivation groß.
Man kann alles noch so schön planen, das Wetter muss man nehmen wie es ist. So auch an diesem Wochenende, wir hatten einfach kein Glück. Es regnete, mal mehr mal weniger. Aber es regnete …
Eigentlich habe ich ein sehr positives Verhältnis zum Thema Regen und Motorrad denn auf der Rennstrecke machte es mir so richtig Spaß. Im Regen kann man das Motorrad echt schön am Limit bewegen und es kommt mehr auf das fahrerische Können als auf Leistung an. Auch auf der Landstraße gilt dies, dennoch unter erschwerten Bedingungen. Die Straßen sind deutlich schlechter, hier und da geflickt. Es gibt keine Auslaufzonen, das Wasser steht mal oder läuft ab, je nach dem wie die Straßenmeisterei gerade Lust hatte …
RSV 1000 Tuono V2 im Regen für mich nichts mehr
Wie auch immer, ich kämpfe mich bei der Ausfahrt ab. Es ist ultra anstrengend für mich das Motorrad irgendwie auf der Straße zu halten. Bei jeder engeren Kurve rutscht das Motorrad schon beim leichtesten Dreh am Gasgriff. Die Leistung möchte auf die Straße, die Reifen und die Wetterverhältnisse lassen dies allerdings nicht zu.
Während ich mich abmühe fährt mein Bruder auf seiner V-Strom total entspannt. Seine kleinen elektrischen Helferlein sorgen dafür, dass er es einfach etwas gelassener angehen kann. Beim Bremsen greift notfalls sein ABS, beim Rausbeschleunigen die Traktionskontrolle. Während ich soetwas wie Angst verspüre nicht gesund zuhause anzukommen rollt er entspannt durch den Regen.
Am Ende der Tour muss ich mir eingestehen, dass sich mein Anspruch geändert hat. Wo früher das Thema Adrenalin im Focus stand schaue ich heute eher auf das Thema Sicherheit. Auf der RSV 1000 Tuono fühle ich mich im Trockenen zwar gut, vor Regen habe ich aber inzwischen gehörigen Respekt und möchte das nicht mehr.
Entscheidung: Motorrad ja, aber …
Ein Leben ohne Motorrad kommt für mich nicht in Frage, die Frage ist nur welches. Fakt ist, das Motorrad muss über elektrische Helferlein verfügen um mir das Leben einfacher zu machen. Dazu sollte es keine Rennsemmel sein sondern nach wie vor eher “gemütlich” in der Sitzposition (wobei das ja eher objektiv ist). V2 wäre toll, Leistung satt eine Voraussetzung. Machen wir es kurz, ich habe mir nach langem Überlegen ein neues Motorrad gekauft (mehr dazu in kürze).
RSV 1000 Tuono Verkauf – schneller als gedacht
Am vergangenen Freitagabend stellte ich eine Verkaufsanzeige online. Samstag war ich beim Händler und habe meine neue Maschine bestellt. Das gesamte Wochenende trudeln diverse Anfragen per Mail bei mir ein, ich führe einige Telefonate. Am Montagabend kommt der erste Interessent vorbei, schaut sich die RSV an und nimmt sie mit. Meine Frau fragte mich später ob ich mich denn nun auf das neue Motorrad freue. Eigentlich überwog zu diesem Zeitpunkt noch die Trauer über den Verkauf.
Wie auch immer, ich glaube die Aprilia RSV 1000 Tuono R hat ein gutes neues Zuhause gefunden. Der Käufer macht einen wirklich vernünftigen Eindruck und hatte sichtlich Spaß bei der Probefahrt. Ich freue mich darüber und hoffe, dass die kleine in Zukunft mehr und artgerechter ausgeführt wird.
Das Kapitel ist dann für mich mal zu, aber definitiv mit einem weinenden Auge.